Einige Russlanddeutsche Persönlichkeiten in Bildern

Anfang der 2000er Jahre führte der Historische Forschungsverein der Deutschen aus Russland auf Initiative von Dr. Bosch ein Projekt durch, in dessen Rahmen mehr als 50 Gemälde mit Darstellungen berühmter Russlanddeutscher entstanden. Die Bilder wurden von dem russlanddeutschen Künstler Johannes Niederhaus gemalt. Wir freuen uns, einige dieser Gemälde präsentieren zu können.

Konrad Keller

*1.3.1857 in Sulz/Odessa
†7.8.1925 in Neuburg/Donau
Pfarrer und Historiker

Trotz von Kindheit an nicht ganz gesund, wurde Pfarrer Konrad Keller als Militärseelsorger bis in fernste Gebiete des Russischen Reiches eingesetzt. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit wurde er in die klimatisch bessere Krim versetzt und 1904 aus dem Kirchendienst entlassen. Von nun an widmete er sich nur noch der Erforschung der Geschichte der deutschen Kolonien in Russland. Durch Protektion höherer Stellen hatte er Zugang zu verschiedenen Archiven in der Ukraine und das Ergebnis seiner Forschungen waren unzählige Veröffentlichungen, vorwiegend in den in deutscher Sprache erschienenen Kalendern. Sein Hauptwerk war das zweibändige Werk: „Die deutschen Kolonien in Südrussland“ als hervorragende Fundgrube für alle an ihrer Vergangenheit interessierte Kolonisten, bei ihnen war es „Das Kellerbuch“. Der HFDR hat es wieder neu aufgelegt.

Karl Lindemann

*26.10.1847 in Nishni-Nowgorod
†16.12.1928 in Orloff/Molotschna
Professor, Abgeordneter der Duma und Anwalt der Kolonisten

Lindemann, Sohn eines Arztes, war so begabt, dass er bereits im Alter von 15 Jahren ein medizinisches Studium aufnehmen durfte, das er 21jährig abschloss. In Fachkreisen wurde er bekannt durch die Entdeckung eines im menschlichen Körper vorkommenden Parasiten, der nach ihm „Sarcocystis Lindemanni“ benannt wurde. Mit 26 zum Professor ernannt, lehrte an der Landwirtschaftlichen Akademie mit Spezialgebiet Landwirtschaftliche Schädlinge. Seine Forschungsreisen führten ihn durch alle Gegenden Russlands, so dass er mit den landwirtschaftlichen Verhältnissen in Russland bestens vertraut war. Davon zeugen 200 Abhandlungen, 30 Bücher und viele Vorträge. Nach der Revolution bereiste er 1919 bis 1921 die deutschen Kolonien in der Ukraine, um deren Niedergang zu studieren und um ihnen zu helfen. In den Jahren zuvor nutzte er mehrmals seinen Einfluss als Duma-Abgeordneter, um die während der Zarenzeit geplante Enteignung und Verbannung nach Sibirien zu verhindern. Er vertrat die These, dass ohne die deutschen Kolonisten keine Hebung der russischen Landwirtschaft möglich sei.

Johannes Schleuning

*27.1.1879 in Neu-Norka/Wolga
†7.9.1961 in Braunschweig
Er erhielt das Bundesverdienstkreuz I. Klasse

Johannes Schleuning war ein Mann der ersten Stunde. Bei der Gründung der „Landsmannschaft der Deutschen aus Russland“ wurde er zum ersten Vorsitzenden gewählt. Er gelangte nach abenteuerlicher Flucht während der Hungersnot 1921 nach Amerika, von wo aus er Hilfe für seine notleidenden Landsleute organisierte. Zuvor betreute er eine Gemeinde in Tiflis, gab die „Kaukasische Post“ und aus der Verbannung in Sibirien zurückgekehrt, an der Wolga die „Saratower Deutsche Zeitung“ heraus. In vielen, auch verbotenen Aktivitäten setzte er sich immer für die Belange seiner Landsleute ein. Nach Deutschland zurückgekehrt, setzte er seine segensreiche Tätigkeit in der Landsmannschaft fort. Er erhielt das Bundesverdienstkreuz I. Klasse und ehrendes Gedenken für sein Lebenswerk wird immer aufrecht erhalten.

Jakob Prinz

*27.01.1851 in Neuhoffnung / Berdjansk
†24.04.1926 in Tübingen
Geschichtsschreiber

Jakob Prinz wurde am 27. Januar 1851 als zweites von elf Kindern in Neuhoffnung bei Berdjansk am Asowschen Meer geboren. Sein Großvater Christoph Ulrich Prinz, Weingürtner im württembergischen Hertmannsweiler bei Winnenden, war 1818 als Witwer mit neun Kindern nach Russland ausgewandert, und lässt sich im Gebiet von Berdjansk nieder. Die Familie schloss sich der Separatistengemeinde in Neuhoffnung an. In diesem Milieu wuchs Jakob Prinz auf. Er besuchte die Dorfschule und arbeitete später dort als „Provisor“, sozusagen als Hilfslehrer. Zusammen mit seinem Studienfreund Dietrich Dyck aus Tempelhof bereitete er sich auf das Abitur vor, das er in Berdjansk ablegte. Anschließend studierte Jakob Prinz mit einem staatlichen Stipendium am Historisch-Philologischen Institut in St. Petersburg. Als er 1883 sein Studium abgeschlossen hatte, bekam er eine Stelle im Tempelhof Progymnasium für Kolonistenkinder 1891 übersiedelter Jakob mit Familie nach Pjatigorsk, wo er bis 1909 zur Pensionierung im Gymnasium arbeitete. Während dieser Jahre schrieb Jakob regelmäßig Beiträge für die deutschsprachige „Odessaer Zeitung“. Er wurde zum Staatsrat ernannt. Von 1909 bis 1912 wirkte Jakob Prinz als Leiter der Schule der Templer in der neu gegründeten Kolonie Sarona (heute ein Stadtteil von Tel Aviv). Danach zog er in die Schweiz. 1921 zog er mit seiner Frau nach Tübingen. Wo er auch bis zu seinem Tod lebte. Sein Buch „Die Kolonien der Brüdergemeinde“ ist eins von den besten Geschichtsbüchern über das berdjansker Kolonistenleben.

Joseph S. Height

*21.1.1909 in Tramping Lake/Kanada
†12.4.1979 Franklin/USA

Die Familie Heidt war im Jahre 1809 aus dem Elsass nach Russland ausgewandert und hatte sich in Mannheim/Kutschurgan niedergelassen. Der Großvater von Josef wanderte im Zuge der Auswandererwelle 1905 mit seiner Familie nach Amerika aus und gründete ein Farm in der Prärie von Kanada, wo er guten Boden für den Weizenanbau vorfand. Seinem begabten Enkel Joseph Height, wie er sich nun nannte, konnte eine gute Ausbildung ermöglicht werden, darunter auch ein dreijähriges Studium der deutschen Sprache und Philosophie in Deutschland. Danach Lehrer für Deutsch und Latein und nach dem Kriege als Professor der deutschen Sprache an mehreren Universitäten. Bekannt wurde er durch seine Bücher über die Geschichte der Russlanddeutschen wie: „Das Paradies in der Steppe“, „Erinnerungen der Schwarzmeerdeutschen“ und weiterer Bücher über die Heimat seiner Vorfahren.

Alexander Frison

*5.5.1875 in Baden/Odessa
†20.6.1937 in Moskau
Der letzte deutsche katholische Bischof Russlands

Alexander Frisons Familie stammte aus dem Elsass und ließ sich in Baden bei Odessa nieder. Alexander besuchte dort die Dorfschule und wurde auf Grund besonderer Begabung ins Priesterseminar in Saratow aufgenommen. 1897 durfte er zum Weiterstudieren nach Rom geschickt, wo er seinen Abschluss mit dem Doktortitel der Philosophie machte. Priesterweihe in seinem Heimatdorf Baden. Bald danach ging er wieder nach Rom, wo er den zweiten Doktortitel holte, diesmal in Theologie. Nach verschiedenen Stationen wurde er Professor für Kirchengeschichte und Rektor des Priesterseminars Saratow. Er bekleidete dieses Amt bis 1917. Mit der Revolution begann die Verfolgung der Priester aller Konfessionen mit dem Ziel der Abschaffung der Religion. Den Pfarrern wurden die Bürgerrechte aberkannt, Gottesdienste verboten. Frison musste Saratow verlassen, nahm auf der Krim seine seelsorgerische Tätigkeit eingeschränkt auf, wurde 1930 verhaftet und zum Tode verurteilt. Nach einem Bittschreiben des Papstes wurde er unter Hausarrest gestellt, 1935 wieder verhaftet, unzählige Male verhört, wieder unter fadenscheinigen Begründungen zum Tode verurteilt und am 20. Juni 1937 erschossen.

Joseph Aloysius Kessler

*12.8.1862 in Louis bei Samara
†10.12.1933 in Zinnowitz/Usedom
Letzter Bischof der Dißzese Tiraspol

Bischof Kessler war einer der herausragendsten Bischöfe seiner Zeit in den Dißzesen der deutschen Kolonien in Russland. In vielen Stätten seines Wirkens in den Kolonien hat er seine Spuren hinterlassen. Sein Lebenswerk lässt sich kaum in kurzen Worten zusammenfassen: Priesterseminar Saratow, promovierte 1889 zum Magister in Theologie. Zwei Jahre lang Professor in Saratow, 1891-1895 Administrator im Simferopol, Pfarrer in Selz und Kischinjow (1895-1899) Bischofsweihe 1904 in St. Petersburg. In seine Zeit als Bischof der Tiraspoler Dißzese (1904 bis 1929) fallen viele Neuerungen: 75 000 Firmungen spendete er den Gläubigen, weihte 30 Kirchen ein. 1922 während der großen Hungersnot reiste er nach Amerika und brachte in einer Sammelaktion 32 000 Dollar für Hilfsgöter für die hungernden Russlanddeutschen zusammen. Im Jahre 1929 musste er auf sein Bischofsamt im Zuge der Vernichtung aller Priester durch das bolschewistische System verzichten und konnte nach Deutschland gelangen. Seinen Lebensabend verbrachte er in einem Kloster auf Usedom.

Markus Glaser

*25.4.1880 in Landau/Odessa
†25.5.1950 in Jassy/Rumänien
Ein Kolonistensohn im Dienste für die Bauern

Markus Glaser hat in seinem Leben bis zu seinem bitteren Ende viel für die Kirche getan und noch mehr für seine deutschen Landsleute am Schwarzen Meer. Seine Laufbahn führte ihn nach dem Priesterseminar zwei Mal nach Rom zum Studium, wobei er zwei Doktortitel (Philosophie und Theologie) erwarb. Danach Professor am Priesterseminar Saratow. Nach Ausbruch der Revolution ging er als Pfarrer nach Kischinjow/Bessarabien und wurde hier Dekan und Fürsprecher aller verfolgten Deutschen in Rumänien und Russland. Im Winter kamen viele Flüchtlinge über das Eis des Dnjestr, denen half er selbstlos. 1920 herrschte die große Hungersnot in Russland. Durch Markus Glaser erfuhr die Welt davon, er wurde zu einer Audienz bei Papst Pius XI. empfangen und er erhielt die Vollmacht einer Spendensammlung mit dem Erfolg, dass aus aller Welt Spenden eingingen und so unzählige Menschenleben gerettet werden konnten. Seine segensreiche Tätigkeit konnte er in Rumänien als Bischof weiterführen. Dies missfiel den Russen in der Nachkriegszeit. Bischof Glaser wurde verhaftet und starb nach qualvollen Verhären im Gefängnis durch einen Herzschlag.

Anton Johannes von Padua Zerr

*10.5.1849 in Franzfeld/Odessa
†5.12.1932 in Kandel/Odessa
Bischof und Wegbereiter der Esperanto-Bewegung

Bischof Zerr war einer der begabtesten Alumnen des Tiraspoler Seminars, das er im Jahre 1871 absolvierte. 1872 zum Priester geweiht, wurde er zum Administrator der Pfarrei Preuß bei Saratow ernannt. Er wirkte vor allem als Dekan des nördlichen Bezirks auf der Wiesenseite der Wolga. 1878 berief ihn Bischof Zottmann zum Professor der Apologetik, der Dogmatik und der Philosophie sowie zum Lektor der lateinischen Sprache an das Priesterseminar zu Saratow. 1883 wurde er von Papst Leo XIII. zum Bischof von Diokletianopol in Palästina präkonisiert, 1890 wurde ihm die Dißzese Tiraspol übertragen. Bischof Zerr war mit den Verhältnissen in den Kolonien und den Sitten und Gebräuchen seiner Dißzesanen bestens vertraut. Unter seinem Pontifikat wurde das Dißzesanblatt „Klemens“ gegründet. Später kehrte er in seine Heimat zurück und verwaltete seit 1920 die Pfarrei Selz noch viele Jahre lang.

Theobald Kopp

*6.9.1892 in Krasna/Bessarabien
†in einem Arbeitslager, vermutlich in Sibirien
Ein russlanddeutscher Märtyrer

Theobald Kopp erhielt die Priesterweihe 1916. Ab 1917 war er Pfarrer in Karlsruhe/Odessa, ab 1924 in Katharinental. Seit 1928 Kurat (wie ein Pfarrer eingesetzter katholisc katholischer Seelsorgegeistlicher mit eigenem Seelsorgebezirk) in Straßburg/Odessa. Er ist im Deutsches Martyrologium oder Martyrologium Germanicum verzeichnet. In diesem Buch werden der Menschen gedacht, welche im 20. Jahrhundert für Christus das Leben hingegeben haben. Die entscheidenden Kriterien der Aufnahme sind: Die Tatsache des gewaltsamen Todes, das Motiv des Glaubens- und Kirchenhasses bei den Verfolgern und die bewusste innere Annahme des Willen Gottes trotz Lebensbedrohung. Neben Theobald Kopp findet man im deutschen Martyrologium rund 70 weitere russlanddeutsche Geistliche.

Katharina II

*2.5.1729 in Stettin
†17.11.1796 in St. Petersburg
Kaiserin von Russland

Die deutsche Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst war nach Russland gekommen, um mit dem Thronfolger des Zarenthrons verheiratet zu werden. Nach dem Tod ihres Mannes Peter III. im Jahre 1762 begann sie sofort Reformen in die Tat umzusetzen, die sie in den langen Jahren der Wartezeit vorbereitet hatte. Als Vertreterin des Absolutismus begann sie als erstes mit der Modernisierung des Staatsapparates, ihr Vorbild war Peter der Große. So wie dieser ausländische Fachleute ins Land gerufen hatte, erließ sie bereits wenige Monate nach Thronbesteigung 4. (15.) Dezember 1762 ein Manifest zur Verteilung in den westeuropäischen Staaten, in dem sie mit weitgehenden Privilegien ausreisewillige Menschen einlud. Ein zweites, verbessertes Manifest vom 22. Juli (2. August) 1762 hatte den erwünschten Erfolg und ein Jahr später kamen ca. 30 000, vorwiegend deutsche Einwanderer, die in den unerschlossenen Gebieten an der Wolga angesiedelt wurden. Nach den ersten Jahren mit ihren Anfangsschwierigkeiten (Raubüberfälle durch die vertriebenen Ureinwohner, Anpassung an das ungewohnte Klima), entstanden blähende Dörfer und Städte mit einem Wohlstand, der 150 Jahre danach leider wieder vernichtet wurde.

Anna German

*14.2.1936 in Urgentsch/Usbekistan
†25.8.1982 in Warschau
Die bekannte Anna German – die unbekannte Anna Hörmann

Anna Germans Familie entstammte einer deutschen Familie mit dem Namen Hörmann, ihre Vorfahren siedelten im Schwarzmeergebiet an. 1937 wurde ihr Vater verhaftet und als angeblicher „Spion“ erschossen. 1946 konnte die Mutter nach Polen entkommen, wo Anna die Schule besuchte und in Breslau studierte. Mit einem Stipendium in Italien begann ihr Aufstieg. Mit neapolitanischen Liedern und ihrer zauberhaften Stimme eroberte sie die Herzen der Italiener. Sie gab Konzerte, sang in Kinofilmen und gewann neben zahlreichen Preisen auch einen Oscar in Cannes. Konzertreisen fährten sie rund um den Erdball. Ihre Lieder, großenteils selbst komponiert, sind auf Tonträgern heute noch weit verbreitet und in Polen, in Russland sowie auch unter den russlanddeutschen Landsleuten sehr beliebt. Sogar ein Himmelskörper, der in einer Achterbahn die Planeten Mars und Jupiter umkreist, wurde nach ihr benannt.

Juliane von Krüdener

*22.11.1764 in Riga
†25.12.1824 in Karasu-Basar/Krim
Baroness und Stammesmutter der Deutschen im Kaukasus

Baroness von Krüdener war eine religiöse Eiferin, Beraterin des russischen Zaren und Schriftstellerin aus deutsch-baltischem Adel. Während ihres unruhigen Lebens wurde sie von den Herrnhutern inspiriert. Sie hatte starken religiösen Einfluss auf die Petersburger Gesellschaft, insbesondere auf Zar Alexander I, dessen geistige Freundin sie wurde. Sie bewog ihn zur Heiligen Allianz, die auch ihre Handschrift trägt, und vertrat den Zaren 1815 auf dem Wiener Kongress. Im Hungerjahr 1816 verschenkte sie ihr gesamtes Vermögen an die Armen und machte ihr Landhaus in Württemberg zu einem geistigen Zentrum. Von Alexander I. erhielt sie die Erlaubnis, im Kaukasus Kolonien der Chiliasten zu gründen. Dort gründeten die Ankömmlinge sieben Kolonien: Marienfeld, Elisabethtal, Katharinenfeld, Alexanderdorf, Neu-Tiflis, Helenendorf und Annenfeld. Sie starb in Ungnade, verarmt und einsam auf einer Badereise auf der Krim.

Elisabeth Kulmann

*17.7.1808 in St. Petersburg
†1.12.1825 in St. Peterburg
Eine vergessene Dichterin

Elisabeth Kulmann hatte ein kurzes Leben, sie starb viel zu früh im Alter von 17 Jahren. Aber sie hinterließ ein Werk, das sogar von Goethe, Jean Paul und Puschkin gelobt und geachtet wurde. Sie erlernte elf Sprachen. In Deutsch, Russisch und Italienisch schrieb sie ihre Gedichte mit 100.000 Reimen. Sie hatte Spaß daran, griechische Dichtungen nachzuahmen. Aus dem Griechischen übersetzte sie „Anakreons Oden“ in acht Sprachen. Ihr Lehrer sagte einmal: „Es fanden sich vielleicht noch nie in einem Wesen Einbildungskraft, Gedächtnis, Ausdauer in so hohem Grade wie bei ihr. Ab ihrem elften Lebensjahr schlief sie nie mehr als sechs Stunden und arbeitete rastlos den Tag über und so rasch, daß oft 600 Verse das Ergebnis eines einzigen Tage waren.“ Ihre Werke wurden in Russland und in Deutschland in mehreren Auflagen gedruckt, zuletzt 1981 in Heidelberg in Auswahlbänden. Robert Schumann verewigte sie in zwei Liederzyklen. („Mädchenlieder von Elisabeth Kulmann“ und „Sieben Lieder von Elisabeth Kulmann“). Eine Marmorbüste von ihr befindet sich im Puschkinhaus in St. Petersburg.

Friederike Charlotte Maria von Württemberg

*9.1.1807 Stuttgart
†21.1.1873 in St. Petersburg
Großfärstin Helena Pawlowna von Russland – die schöne Helena

Friederike war eine württembergische Prinzessin und wurde 1824 mit dem russischen Großfärsten Michael verheiratet. Sie war darauf gut vorbereitet worden und brachte sich die russische Sprach selbst in Wort und Schrift bei. Ihre segensreiche Tätigkeit für ihre neue Heimat Russland war bemerkenswert. Für die Wissenschaft war sie aufgeschlossen und förderte sie umfassend. Zu vielen Größen der damaligen Zeit hielt sie Verbindungen wie zu den Gebrüdern Humboldt, Friedrich Liszt, zu Gelehrten und Malern und Musikern. Sie veranstaltete musikalische Abende, aus denen die „Russische Musikalische Gesellschaft“ hervorging und gründete das St. Petersburger Konservatorium. Sie war maßgeblich an der Abschaffung der Leibeigenschaft beteiligt, auf ihrem eigenen Gut ging sie mit gutem Beispiel voran. Sie gründete Kinderheime, förderte ein Krankenhaus und legte mit medizinischen Gesellschaften die Grundlage für das spätere „Rote Kreuz Russlands“. Als Wohltäterin ging sie in die Geschichte Russlands ein.

Jakob Augst

*1868 in Bessarabien
†1921 bei Bendery/Bessarabien
Der Arzt und das Lutherische Krankenhaus in Odessa

1892 wurde in Odessa das evangelisch-lutherische Krankenhaus in Betrieb genommen, was nur möglich war, weil in den Jahren zuvor die Kolonisten der umliegenden deutschen Kolonien Geld hierfür gespendet hatten. Der erste Chefarzt kam aus Deutschland, ihm ging ein hervorragender Ruf als Chirurg voraus und unter seiner Leitung wurden in acht Jahren 9446 Kranke behandelt. Das Haus hatte 150 Betten und stand in seiner Ausstattung und seinem Ambiente den Häusern in Westeuropa nicht nach. Sein Nachfolger wurde Dr. Jakob Augst, der an der renommierten Universität Dorpat seine Ausbildung erhalten hatte. Unter seiner Leitung nahm das Krankenhaus einen ungeahnten Aufschwung. Es konnte wesentlich erweitert werden. Es erhielt eine Röntgenstation, mehrere helle Operationssäle, eine Bibliothek für medizinische Literatur und die Krankenzimmer wurden modernisiert. Im 1. Weltkrieg wurde es Lazarett, während der Revolution wurde es von einem „Arbeiterrat“ geleitet und von denen in den Ruin getrieben.

Georg Ludwig Cancrin

*8.12.1774 in Hanau
†22.9.1845 in Pawlowsk
Ein Deutscher für Russland

Cancrin (deutscher Name Krebs) studierte Deutschland Staatswissenschaften und folgte seinem Vater nach Russland. Seine Lebensleistung ist lang. 1803 Anstellung im Innenministerium. Lernte auf vielen Reisen die russischen Verhältnisse kennen. Beförderung zum Staatsrat. Forderte in einer Broschüre die Aufhebung der Leibeigenschaft, stellte in einem weiteren Buch Thesen für die Staatssanierung auf und wurde 1823 Finanzminister und blieb es 21 Jahre lang. Er führte den Silberrubel als Währungseinheit ein, durch Sparmaßnahmen konnte er Auslandsschulden zurückzahlen, errichtete Schutzzölle für Waren, die ohnehin in Russland hergestellt wurden, holte ausländische Investoren ins Land, bekämpfte Schmuggel und Korruption, zwang Geschäftsleute zur Buchführung, knauserte bei der Finanzierung von Kriegen und auch die Zarenfamilie musste seinem Sparzwang folgen. Durch Förderung der Industrie konnten Expeditionen in die Weiten Russlands finanziert werden, um Bodenschätze zu gewinnen. Während seiner Dienstjahre brauchte er keine neuen Steuern einführen außer einer Tabaksteuer. Durch viele seiner Maßnahmen machte er sich in höheren Kreisen unbeliebt, trotzdem hielt der Zar lange Jahre an ihm fest.

Karl Ernst Claus

*22.1.1796 in Dorpat
†24.3.1864 in Dorpat
Entdecker des Rutheniums

Carl Ernst Klaus war von Haus aus Apotheker und Botaniker. Auf einer Expedition in den Ural lernte er den Bergbau und die Metallgewinnung kennen. 1839 wurde er Professor an der Universität Kasan. Von nun an widmete er seine wissenschaftliche Arbeit nur dem Element Platin, seiner Gewinnung und Verarbeitung. Es gab reiche Platinerzvorkommen im Ural. Es gelang ihm, aus diesen Abfällen weiteres Platin zu isolieren und in jahrelangen, gesundheitsschädlichen Versuchen ein neues Element der Platinfamilie zu isolieren. Er nannte es „Ruthenium“ nach seinem Heimatland Russland. Es gehört zu den „Seltenen Erden“ und ist heute in der Elektronik sehr begehrt.

Samuel Contenius

*1748 in Westfalen
†1830 in Josefstal bei Dnjepropetrowsk
Wohltäter der deutschen Kolonisten in Neurussland

Ohne Staatsrat Contenius hätten die 50.000 deutschen Einwanderer, die sich in den Jahren ab 1803 in den neu gewonnen Gebiete Südrusslands niederließen, noch viel größere Anfangsschwierigkeiten gehabt. Zur Organisation dieser Ansiedlung und Ihrer Verwaltung wurde das „Vormundschaftskontor für die ausländischen Ansiedler“ in Jekaterinoslaw eingerichtet und Contenius mit der Leitung beauftragt. Er hatte vorher schon die deutschen Siedlungen an der Wolga besucht und konnte Erfahrung sammeln, um in dem neu zu besiedelnden Gebiet vieles besser machen zu können. Hierzu erarbeitete er in Zusammenarbeit mit anderen, die „Instruktionen“, ein eigenes Gesetzeswerk für die deutschen Kolonien. Er war ununterbrochen in den verschiedenen Ansiedlungsgebieten unterwegs. Er half bei der Vermessung der Felder, die breiten Dorfstraßen gehen auf ihn zurück, er beriet beim Häuserbau, führte Seidenraupenzucht ein, sorgte für geeignete Schaf-und Rinderrassen sowie geeignete Weizensorten und ließ Wälder anlegen, führte die Dreifelderwirtschaft ein, setzte die Selbstverwaltung der deutschen Kolonien durch und noch vieles andere mehr. Die dankbaren Kolonisten errichteten ihm in Josefstal ein Denkmal.

Johannes Cornies

*20.6.1789 in Bärwalde/Danzig
†13.3.1848 in Ohrloff/Molotschna
Ein Mann, der Segen schuf

Bereits als junger Mann begann Cornies seine landwirtschaftliche Karriere mit Schafzucht so erfolgreich, dass er schon bald ein größeres Gut (Juschanlee) aufbauen und dann seine Ideen in die Tat umsetzen konnte. In der Schafzucht schuf er durch die Kreuzung mit eingeführten Merinoschafen eine erfolgreiche neue Rasse, mit der „Roten Deutschen Kuh“, die in Russland bis heute weit verbreitet ist. Mit Pferde- und Schweinezucht hatte er Erfolg. Ihm ist auch der Kartoffelanbau in Russland zu verdanken. Er führte die Schwarzbrache (Erhalt der Bodenfeuchte) und Dreifelderwirtschaft ein. Die Getreideerträge wurden so gewaltig gesteigert. Zur Klimaverbesserung ließ er Wälder anlegen (trotz einer Dürre 1845 hatten die mennonitischen Dörfer gute Ernten, so dass es hieß: „Haben die Mennoniten einen anderen Gott?“). Er gründete eine Bibliothek, war maßgeblich an der Gründung des Landwirtschaftlichen Vereins beteiligt, gründete den Christlichen Schulverein und führte die Schulpflicht ein.

Sergej Eisenstein

*22.1.1898 in Riga
†11.2.1948 in Moskau
Weltberühmter Filmregisseur

Sein Vater war ein aus Deutschland stammender und zur Orthodoxie konvertierter Jude, seine Mutter eine Tochter reicher russischer Kaufleute aus St. Petersburg. Seinen internationalen Durchbruch als Regisseur hatte er mit dem Revolutionsfilm „Panzerkreuzer Potemkin“, der heute genauso zu den Klassikern der Filmgeschichte gezählt wird wie seine Filme „Oktober“ und „Iwan der Schreckliche“. Seine späteren Filme wurden teilweise Opfer der Zensur. Hielt sich in den 30er Jahren in den USA auf und schloss Freundschaft mit Charlie Chaplin. Inszenierte 1940 Wagners „Walküre“. Eisenstein gilt, obwohl in schwierigen Zeiten tätig, theoretisch wie handwerklich (insbesondere durch seine innovative Montagetechnik) als einer der größten Regisseure und Visionäre der Filmgeschichte.

Friedrich von Falz-Fein

*16.4.1863 in Askania Nowa/Ukraine
†2.8.1920 in Bad Kissingen
Die Falz-Feins und das Naturschutzgebiet Askania Nowa

Der Gründer der Dynastie der Falz-Feins war Johann Fein, der sich 1763 erst an der Wolga niederließ, dann aber in Südrussland einen Bauernhof aufbaute. Sein Sohn Friedrich verlegte sich auf die Schafzucht und war 1828 mit 20.000 Schafen der größte Schafzüchter Russlands. Ab der Heirat von dessen Tochter änderte sich der Familienname in Falz-Fein. Nun ging es bergauf. Es wurde Land hinzugekauft, mit dem Erwerb des Gutes Askania-Nova mit 50 000 Hektar Land wurde die Familie Falz-Fein der größte Grundbesitzer Russlands. Als der Sohn Friedrich, er hatte Naturwissenschaft studiert, das Reich der Falz-Feins übernahm, bevölkerten 500 000 Schafe die Weideplätze. Er war Naturwissenschaftler und verwirklichte sich einen Wunschtraum, er schuf einen Naturpark mitten in der Steppe. 1914, nach seiner Gründung, umfaßte der Bestand an freilaufenden exotischen wie einheimischen Säugetieren 58 verschiedene Arten. Man glaubt es nicht, aber 402 Vogelarten, einschließlich Zugvögeln, die sich zur Zwischenlandung einfanden, finden sich im Bestandsverzeichnis 1914. Aus aller Welt kamen Besucher und selbst der Zar weilte zweimal hier. Im Bürgerkrieg nach der Revolution zerfiel dieses einmalige Paradies.

Oskar Geilfuß

*31.8.1933 in Elsaß/Odessa
†28.7.1981 in Sindelfingen
Die Musik war sein Leben

Der Vater von Oskar Geilfuß war Schullehrer und Organist. Oskar hatte die Musikalität vom Vater geerbt, er konnte schon im Alter von fünf Jahren Klavier und Orgel spielen. 1944 musste die Familie Elsaß verlassen und wurde im damaligen Warthegau angesiedelt, wurde aber von den einmarschierten Russen wieder zurück nach Russland verschleppt. Die Musikfachschule in Alma Ata schloss er erfolgreich ab und nach einigen Schwierigkeiten als Deutscher durfte er doch am Konservatorium weiterstudieren. Er spielte mehrere Musikinstrumente. Nach einigen Zwischenstationen lehrte er am Konservatorium in Alma Ata. Er sammelte deutsche Volkslieder unter seinen deutschen Landsleuten und ließ sie drucken. Er komponierte Sinfonien, Konzerte für Klavier und Posaune, Kinderlieder, schuf Werke für das Sinfonieorchester Tokio und schrieb die Oper „Richard Sorge“, durch die er nach der Uraufführung weltweit bekannt wurde. Mit seinen Werken machte er seinen deportierten Landsleuten Mut zum überleben.

Friedrich Gross

*1822 in Sudak/Krim
†1896 in Kertsch/Krim
Maler, Lithograph und Archäologe

Als Maler und Lithograph hat Friedrich Gross zeit seines Lebens die großartige Landschaft seiner Heimat, die Krim, in Zeichnungen, Aquarellen, ölbildern und als gelernter Lithograph in zahlreichen Lithographien festgehalten. Eine akademische Ausbildung hatte er nicht. Er war ein Naturtalent. Seine naturgetreuen Lithographien über die Vergangenheit der Krim wie die Städte und Festungen der Ureinwohner, die Paläste der Adligen an der Südküste, die heute teilweise verschwunden sind. Aufsehenerregend sind seine Bilder vom Krimkrieg, die später sogar in England ausgestellt wurden. In Odessa, wo er zeitweise wohnte, tat er sich auch als Porträtist hervor und malte viele Porträts von Künstlern, die in Odessa gastierten, u.a. auch von Franz Liszt. 1858 nahm er seinen Wohnsitz in Kertsch, war Zeichenlehrer an einer Schule und beteiligte sich an archäologischen Ausgrabungen, die er zeichnerisch festhielt.

Friedrich Joseph Haass

*10.8.1780 in Münstereifel
†16.8.1853 in Moskau
Der Heilige Doktor von Moskau

Er verdiente sich diesen Ehrentitel als Philanthrop, weil er sich über 50 Jahre seines Lebens für die Armen, Entrechteten, auf den Straßen Vegetierenden und die Kettensträflinge in Russland einsetzte. Als Gefängnisarzt verschaffte er diesen Sträflingen Erleichterung, indem er durchsetzen konnte, dass die Eisenfußfesseln leichter und innen mit Leder bezogen wurden. Er gründete ein Armenkrankenhaus und behandelte alle Bedürftigen auf eigene Kosten, indem er sein ganzes Vermögen einsetzte. Vor diesem Krankenhaus wurde ihm zum Gedenken ein Denkmal errichtet und zu seinem 200. Geburtstag brachte die Deutsche Bundespost eine Sonderbriefmarke heraus. Angesichts seiner selbstlosen Wohltaten setzte sich die russisch-orthodoxe Kirche im Jahre 1998 beim Vatikan ein, Doktor Haass selig zu sprechen. Sein Lebensmotto war: „Eilt Gutes zu tun“.

Julius Heuss

*2.3.1832 in Walddorf/Schwarzwald
†30.9.1907 in Moskau
Der traditionsreiche Schokoladenhersteller

Julius Heuss kam im Jahre 1857 nach Moskau, um für ein deutsches Handelshaus eine Filiale zu eröffnen. Er hatte so großen Erfolg, dass er 1870 als Kompagnon in die Schokoladenfabrik Einem eintrat. Nach dem Tod von Einem übernahm Heuss die Firma, die gegenüber dem Kreml seinen Sitz hatte, erweiterte den denkmalgeschätzten Backsteinbau und machte sie zu einer den Markt beherrschenden Marke. Er wurde bald Hoflieferant am Zarenhof. Für die Werbung hatte er wegweisende Ideen und besaß auf der Krim riesige Obstplantagen, deren Früchte er für die Füllung seiner Pralinen verwendete. Seine soziale Einstellung war für die damalige Zeit ungewöhnlich. Es gab eine Schule für die Kinder seiner Arbeiter, eine Bibliothek, einen Theaterkreis, ein Blasorchester, Geldgeschenke an Feiertagen oder in Not geratene Arbeiter, Lehrlinge bekamen Lese- und Schreibunterricht. Die Firma besteht heute noch, aber unter anderem Namen – Roter Oktober.

Johannes Höhn

*29.5.1854
†11.9.1938
Schmiedete Pflugscharen

Im Jahre 1879, im Alter von 25 Jahren, übernahm Johannes Höhn die elterliche Schlosserwerkstatt, in der schon Pfläge hergestellt wurden. Höhn gründete seinen Erfolg, der ihn zum größten Pflugfabrikanten Russlands machen sollte, indem er einen mehrscharigen Pflug erfand, der zudem höher konstruiert war und mit dem der schwere Boden besser zu bearbeiten war. Dieser Höhnsche Pflug wurde auch als „Kolonistenpflug“ bezeichnet. Im Jahre 1908 produzierte die Firma Höhn mit 1.200 Arbeitern 100.000 Pfläge, heimste auf Ausstellungen viele Goldmedaillen ein. Mußte 1918 seine Fabrik an den Arbeiterrat abgeben, ging nach Bessarabien, wo er in Kischinjow 1938 verstarb

Victor Klein

*29.10.1909 in Warenburg/Wolga
†11.10.1975 in Nowosibirsk
Bauer von Geburt – Dichter von Natur

Viktor Klein wuchs, nachdem sein Vater während des Bürgerkrieges ums Leben kam, in einem Waisenhaus und in einem Internat auf. Nach seinem Schulabschluss besuchte er eine Pädagogische Fachhochschule und war danach für drei Jahre als Dorfschullehrer tätig. Seine weitere Laufbahn war geprägt von pädagogischer Ausbildung, die ihn vom Dorfschullehrer bis zur langjährigen Tätigkeit als Dozent und Professor für deutsche Literaturgeschichte am pädagogischen Institut Nowosibirsk führte. Er förderte besonders den rußlanddeutschen Nachwuchs unter seinen Studenten, veröffentlichte unzählige Gedichte, Erzählungen, Reportagen und Reiseberichte. Als Sprachwissenschaftler sammelte er deutsche Volkslieder und Redensarten wie auch die verschiedenen Dialekte deutschen Volksgruppe und setzte sich für den Erhalt der deutschen Sprache in der Sowjetunion ein. Besonders am Herzen lag ihm die Wiederherstellung der Wolgarepublik, er warb dafür sogar in Briefen an die Sowjetführung.

Georg Leopold König

*13.11.1821 in St. Petersburg
†17.12.1903 in St. Petersburg
Der Zuckerkönig von Russland

Leopold König wuchs in St. Peterburg auf und besuchte hier die deutsche Schule, lernte das Handwerk eines Zuckerbäckers in verschiedenen Betrieben, heiratete die Tochter eines seiner ehemaligen Chefs, lieh sich zwei Jahre danach 27 000 Rubel und kaufte eine kleine Zuckerfabrik. Die vergrößerte er mit Erfolg, kaufte nach und nach weitere Zuckerfabriken auf und legte so den Grundstein für sein späteres Zuckerimperium. Im Jahre 1859 produzierte er bereits 4.000 Tonnen Zucker. Er stellte von Rohrzucker auf Rübenzucker um, erwarb nach und nach riesige Ländereien für den Anbau von Zuckerrüben, beschäftigte bis zu 20.000 Arbeiter und besaß 44.000 Hektar Land. Er bezahlte seine Leute überdurchschnittlich, baute Krankenhäuser und Schulen für sie. Auf Wunsch seiner Frau übersiedelte er nach Bonn und leitete von hier aus sein Imperium. Er ließ sich in Bonn eine größere Villa bauen, die spätere Villa Hammerschmidt.

Professor Peter Köppen

*9.2.1793 in Charkow
†1865 Karabach/Krim
Der Gelehrte von der Krim

Peter Köppen war ein vielseitiger Wissenschaftler, wurde bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen auf Gebieten wie Statistik, Geographie. Geschichte, und Archäologie. Sein Lebenswerk war die Erstellung von ethnischen Karten und den ersten genauen Statistiken über die Bevölkerung des Europäischen Russlands. Er war Mitbegründer der „Russischen Geographischen Gesellschaft“, war Mitglied der Akademie der Wissenschaften wie in 26 weiteren wissenschaftlichen Gesellschaften und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Seine Forschungsergebnisse beruhten auf ausgedehnten Reisen durch die Weiten Russlands und waren besonders geschätzt durch eine bisher nicht vorhandene Genauigkeit. Auch bei der Erforschung der Archäologie Südrusslands war er federführend. Von der Krim erstellte er Landkarten, die im Krimkrieg verwendet wurden. Auf der Krim verbrachte er seinen Lebensabend mit weiteren wissenschaftlichen Arbeiten. Er veröffentlichte 170 wissenschaftliche Abhandlungen, zum Teil in deutscher Sprache.

Otto Krell

*25.03.1838 in Saalfeld
†1913 in Nürnberg
Bringt technisches Wissen nach Russland

Otto Krell übersiedelte im Jahre 1865 mit seiner Frau von Nürnberg nach St. Petersburg. Seine erste Aufgabe nach seiner Anstellung in einem Gaswerk war, den größten Gasbehölter Europas zu bauen. Das Gelingen dieser Aufgabe brachte ihm Ansehen in der Fachwelt ein. Als technischer Direktor der kleinen St. Petersburger Metallwarenfabrik machte er ab 1867 dieses Werk zum führenden Maschinenbauunternehmen Russlands. Ab 1869 erhielt er Aufträge vom Zarenhof und durfte sich Hoflieferant nennen. Seine Firma erhielt Aufträge zum Bau von Hafenanlagen, Waffen-und Munitionsfabriken, konstruierte Brücken und Stahlgerippe für Lichtkuppeln wie im Kaufhaus GUM und im großen Saal des Konservatoriums sowie der Blutkirche in St. Petersburg, die heute noch zu den bedeutendsten Touristenzielen der Stadt zählt. 1884 kehrte er nach Nürnberg zurück, wo er sein Wissen und Können zur Verfügung stellte. Heizungsanlagen, zu damaliger Zeit noch nicht üblich, baute er in Schulen, im Stadttheater und im Volksbad ein. Er engagierte sich als Stadtrat in der Kommunalpolitik und in diversen Vereinen.

Adolf Marx

*2.2.1838 in Stettin
†22.10.1904 in St. Petersburg
Der größte Buchverleger Russlands

Es war kein leichter Anfang für den jungen Marx. Nach Lehrjahren in Berlin und nachfolgender Anstellung in einer Buchhandlung in Berlin ging er 1859 auf eine Einladung hin nach Russland. Hier lernte er in einer Buchhandlung eines Deutschen den Umgang mit der russischen Kundschaft und bald stand sein Entschluss fest, dass er sich selbstständig machte. Aus kleinen Anfängen schuf er den größten Verlag Russlands. Er gründete eine Literaturzeitschrift, deren Auflage er bis zur Jahrhundertwende auf 300.000 Exemplare steigern konnte. Er baute seinen Verlag nach mehreren Rückschlägen zu einem Buchverlag aus. Es war selbstverständlich, dass er die Werke aller russischen Schriftsteller herausgab. Aber auch ausländische Autoren hatte er in seinem Programm. Seine Wochenzeitschrift brachte er auf 250 Millionen Exemplare, die Gesamtzahl seiner verlegten Bücher belief sich auf ca. 25 Millionen Exemplare.

Heinrich Neuhaus

*12.4.1888 in Jelisawetgrad/Ukraine
†10.10.1964 in Moskau
Lehrmeister großartiger Pianisten

Heinrich Neuhaus wurde in eine äußerst musikalische Familie hinein geboren. Sein Vater entstammte einer Klavierfabrikantenfamilie und hatte eine Musikschule gegründet. Heinrich wurde schon in jungen Jahren musikalisch unterrichtet und war so begabt, daß er im Alter von neun Jahren bereits Klavierkonzerte geben konnte. Mit 16 nahm er in Deutschland an einem Musikwettbewerb teil, gab anschließend erfolgreiche Konzerte in mehreren deutschen Städten, wobei selbst Richard Strauss auf ihn aufmerksam wurde. Nach weiterer Ausbildung zum Konzertpianisten in Berlin und Wien übernahm eine mehrjährige Lehrtätigkeit. Erst in Tiflis und nach einer Professur in Kiew wurde ihm 1922 am Moskauer Konservatorium der Lehrauftrag erteilt, den er bis zu seinem Tode erfüllte. Berühmte Klaviervirtuosen gingen durch seine Schule. An erster Stelle muß Swjatoslaw Richter genannt werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde er vorübergehend verhaftet mit dem Vorwurf, er hätte auf die Ankunft der Deutschen gewartet, weil er nicht aus Moskau geflohen ist. Sein Buch „Die Kunst des Klavierspiels“ ist das Standardwerk aller Pianisten.

Heinrich Johann Friedrich Graf von Ostermann

*9.6.1687 in Bochum
†31.5.1747 in Berjosow/Sibirien
Staatsmann und Reformer

Graf Ostermann spielte als Diplomat unter Zar Peter dem Großen eine herausragende Rolle im russischen Staatsdienst. Achtzehnjährig traf er in Moskau ein und da er mehrere Sprachen fließend sprach und auch russisch schnell lernte, war seine erste Station im russischen Staatsdienst eine dreijährige Anstellung als Dolmetscher im Außenministerium. Sein weiterer Aufstieg bis in höchste Ämter: Erster Sekretär in diesem Amt, Beförderung zum Geheimrat und Botschafter in Preußen und Holland. Für seine Leistungen auf internationalem Parkett als Baron geadelt, mit Geld und Landgätern beschenkt. Als Vizekanzler und Oberhofmeister brachte er viele Reformen auf den Weg, ebenso als Oberpostmeister. 1730 in den erblichen Grafenstand erhoben, 1734 Außenminister. Unter der Zarin Elisabeth wurde er verhaftet, zum Tode verurteilt, schließlich lebenslänglich nach Sibirien verbannt, wo er nach fünf Jahren verstarb.

Boris Rauschenbach

*18.1.1915 in Petrograd
†27.3.2001 in Moskau
Weltraumforscher und Kunsthistoriker

Professor Boris Rauschenbach veröffentlichte bereits während seines Studiums an der Luftfahrthochschule in Leningrad wissenschaftliche Arbeiten und wurde nach Moskau an ein Raketenforschungsinstitut geholt, wo er einige bahnbrechende Erfindungen machte. Als Deutscher wurde er bei Kriegsausbruch verhaftet, jedoch wegen seiner wissenschaftlichen Leistungen zurückgeholt. In der Raketentechnik war er Spezialist für Orientierung im Weltraum, war beteiligt an mehreren Weltraumprojekten wie bei der ersten Mondumrundung. Sein Einsatz für seine deutschen Landsleute in Russland war sein zweiter Lebensinhalt. Er war Mitbegründer der „Wiedergeburt“. Als Wolgadeutscher arbeitete er aktiv an der, misslungenen, Wiederherstellung einer autonomen Wolgadeutschen Republik.

Armand Emmanuel du Plessis de Richelieu

*25.09.1766 in Paris
†17.5.1822 in Paris
Der Herzog von Odessa

Richelieu stammt, wie sein Name sagt, aus Frankreich. Als Royalist floh er während der Französischen Revolution nach Russland und stellte sich in den Dienst von Zarin Katharina. Sein Aufstieg begann in der Armee, wo er von der Zarin ausgezeichnet wurde. Zar Alexander II., der ihn sehr schützte, machte ihn zum Statthalter von Odessa. 1805 wurde er zum Gouverneur von Neurussland ernannt. In seine Amtszeit fiel die Einwanderung von mehreren tausend Einwanderern, die gerufen wurden, um das neugewonnene, fruchtbare Steppengebiet zu kultivieren. Die Mehrzahl dieser Einwanderer waren deutscher Abstammung und hätten ohne die umsichtige und sogar aufopfernde Hilfe bei der Ansiedlung durch Richelieu in ihrer neuen Heimat nicht so schnell Fuß fassen können. Er überwachte die Landzuteilung persönlich. In Odessa, das er zu einer aufblähenden Stadt gemacht hatte, wurde ihm ein Denkmal gesetzt.

Swjatoslaw Richter

*20.3.1915 bei Shitomir
†1.8.1997 in Moskau
Klaviervirtuose des 20. Jahrhunderts

Swjatoslaw Richter wuchs als Sohn einer deutschen Familie in Odessa auf, wo er die deutsche Schule besuchte. Schon im Alter von acht Jahren war sein Klavierspiel perfekt und komponieren fiel ihm nicht schwer. Bereits mit 16 war er Korrepetitor an der Oper von Odessa und zwei Jahre später sogar stellvertretender Chefdirigent. Am Tschaikowski-Konservatorium in Moskau bekam der den letzten Schliff und sein Lehrer bezeichnete ihn im Alter von 22 Jahren als Genie. Konzerte durfte er nur innerhalb der damaligen Sowjetunion geben, aber sein Ruhm strahlte auch in den Westen aus. Erst 1969 durfte er auf Gastspielreise in die USA, vier weitere folgten, nach der vierten blieb er für immer in den USA. In der ganzen Welt feierte er Triumphe, seine letzten Jahre verbrachte er in Paris.

Alfred Schnittke

*24.11.1934 in Engels/Wolga
†3.8.1998 in Hamburg
Eine Gratwanderung zwischen zwei Welten

Die Stationen seines Lebens für die Musik: Musikausbildung am Tschaikowski Konservatorium in Moskau, 1961-1972 Unterricht am Konservatorium, schrieb in 25 Jahren Filmmusik für mehr als 60 Filme, 1974 seine erste Sinfonie in modernem Stil. In dem herrschenden System in Russland war jedoch alles Fortschrittliche in der Musik verpönt. Erst 1980 fand er Anerkennung in Europa, wurde Gastprofessor an der Wiener Musikhochschule und lehrte ab 1984 an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater. Er wurde der meist verlegte zeitgenössische Komponist der Musikverlage und Mitglied verschiedener Kunstakademien. Seit 1998 gibt es in Schweden eine Schnittke-Gesellschaft. Er erhielt als erster Deutscher den „Nobelpreis der Kunst“ der japanischen Gesellschaft für Kunst, den Bachpreis 1992 in Hamburg und 1993 den Triumph-Preis in Moskau. Zu seinem Erbe gehören 40 Orchesterkompositionen, Orgelwerke, Kantaten, Klavierkompositionen und 3 Opern.

Karl Friedrich Velden

*1730 in St. Petersburg
†1801 in St. Petersburg
Hofarchitekt Katharinas der Großen

Als Architekt schuf er in St. Petersburg berühmte Bauten und Kirchen. Als Katharina II. 1762 den Zarenthron bestieg, wurde sie auf Velden aufmerksam und ernannte ihn zum „Oberarchitekten der Petersburger Baukanzlei“. Mit ihm wandelte sich der Barocke Baustil hin zum Klassizismus. Die Außenfassade der Erweiterung des Winterpalais läßt dies erkennen. Als Innenarchitekt, der er auch war, wurde er mit der Umgestaltung der Innenräume des Winterpalais und der Prunkgemächer des Peterhofes beauftragt. Den reißenden Fluß, die Newa, ließ er durch den Bau gewaltiger Kaimauern bändigen und machte sie so zur Lebensader der Stadt. Viele Adelshäuser und mehrere Kirchen wurden von ihm erbaut. Als Belohnung für seine Tätigkeit wurde er zum „Direktor der Architekturabteilung der Petersburger Akademie der Künste“ ernannt.

Johannes Wiebe

*27.12.1902 in Liebenau/Molotschna
†27.12.1969 Swerdlowsk
Entdecker des Verbrennungsgesetzes

Johannes Wiebe war ein zielstrebiger Mann, der trotz unwürdiger Lebensumstände an seiner Forschung zu einer „Universalformel der Verbrennung in Motoren“ festhielt, die schließlich als „Wiebsches Verbrennungsgesetz“ in die Fachliteratur einging. Seine Lebensstationen waren durchweg gekennzeichnet durch die Verhältnisse in der damaligen Sowjetunion und seine deutsche Abstammung. Sein Arbeitsleben begann nach dem Schulbesuch als Dreher in einer Fabrik, wobei er abends an einem Industrie-Technikum studierte. Nach Militärdienst und Maschinenbaustudium Anstellung als Konstrukteur. Ihn zog es aber hin zur Wissenschaft. In Leningrad an einem Luftfahrtinstitut konnte er seine Forschungen mit der Erlangung des Doktortitels (1938) abschließen. Als „unzuverlässiger Deutscher“ wurde er nach Kriegsbeginn nach Kasachstan zwangsverschickt, musste in verschiedenen Bergwerken arbeiten. Erst nach Kriegsende konnte er seine Forschungen fortsetzen, deren Ergebnisse veröffentlicht wurden. Sie erregten internationales Aufsehen. Ein weiterer Doktortitel und die Herausgabe eines Buches waren die letzten Stationen in seinem Forscherleben.

Ferdinand von Wrangel

*9.1.1797 in Pleskau
†6.6.1870 in Dorpat
Baron, Seefahrer und Entdecker

Baron von Wrangel entstammt einem jahrhundertealten Adelsgeschlecht in Estland, das viele Feldherren und Generäle hervorgebracht hatte. Als Seekadett machte er 1815 seine erste Fahrt um die Welt, die er mit Auszeichnung bestanden hatte. Er wurde daraufhin 1820 mit einer Expedition beauftragt, welche die „Nördlichen Ländereien“ erforschen sollte. Er machte wichtige wissenschaftliche Messungen, kartierte die Küstenregion Nordsibiriens und die Bäreninsel im Eismeer und entdeckte eine Insel, die später nach ihm benannt wurde. Er unternahm Forschungsreisen im Pazifik, umrundete noch zweimal die Erde, entdeckte mehrere Inseln, wurde im Jahre 1829 für sechs Jahre Gouverneur von Alaska und war später entschiedener Gegner des Verkaufs von Alaska an die USA. Er war Mitbegründer der „Russischen Geographischen Gesellschaft“ und Ehrenmitglied der „Russischen Akademie der Wissenschaften“. Nach Ferdinand von Wrangel sind der 4.317 m hohe Vulkan Mount Wrangell und die Wrangell Mountains in Alaska benannt.